Geiselhart Otto
1890 – 1933
1890 – 1933
Wahrscheinlich sagt vielen von Ihnen der Name Otto Geiselhart nichts! Aber mit ihm ist es, wie mit Anton Baur, er war eine für Burgau prägende Persönlichkeit.
Otto Geiselhart wurde am 8. Dezember 1890 in Dinkelscherben, das damals zum Amt Zusmarshausen gehörte, geboren. Als er ungefähr 12 Jahre alt war, zogen seine Eltern nach Burgau. Er erlernte das Käsehandwerk wie sein Vater. In Burgau besuchte er noch die sogenannte Sonntags- oder auch Fortbildungsschule.
Otto Geiselhart wurde mit 23 Jahren, gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges, 1914 eingezogen und kehrte im Frühjahr 1916, als Kriegsbeschädigter, nach Hause.
Geiselhart war schon als Jugendlicher sehr sozial engagiert und wurde auch sehr bald Mitglied der damals sehr verpönten SPD. Als er am 4. Dezember 1910 mit einigen Gleichgesinnten den SPD Ortsverein Burgau gründete, war er bereits schon einige Zeit Parteimitglied. Der Ortsverein Burgau war anfangs eine Sektion, da er sich dem SPD Ortsverein Ichenhausen anschloss. Auf der Generalversammlung im Jahr 1912 wurde die Sektion in einen eigenen Ortsverein umgewandelt.
Bei der Gründungsversammlung am 4. Dezember 1910 waren im „Goldenen Kreuz“ die Parteimitglieder Otto Geiselhart, Anton Merk beide aus Burgau und Gottfried Barth aus Jettingen und Wilhelm Lippl aus Oxenbronn anwesend. Es traten dann an diesem Abend Josef Klein, Karl Eberle, Ignatz Kaltenegger und Josef Ratzinger der SPD bei und Josef Klein wurde einstimmig als Vertrauensmann der Sektion und Otto Geiselhart als Kassierer gewählt.
Nachdem Otto Geiselhart schwer verletzt aus dem Ersten Weltkrieg heimkam trat er eine Stelle bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse Günzburg-Bezirksamt als Mitarbeiter an. Die Allgemeine Ortskrankenkasse ist die heutige AOK. Am 1. Februar 1925 wurde er dort zum Geschäftsführer bestellt.
Geiselhart war aber gerade nach seiner Heimkehr aus dem Krieg politisch enorm umtriebig. Er sorgte dafür, dass der sogenannte Versichertenausschuss bei der AOK, der nach dem Prinzip der Selbstverwaltung geführt werden sollte, auch paritätisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern besetzt ist. Damit sollte gewährleistet werden, dass die Interessen auch der Arbeitnehmer bei der Kassenführung möglichst effektiv für diese vertreten würden.
1924 übersiedelte Otto Geiselhart dann mit seiner Frau Magdalena nach Günzburg. Er war aber bis zur Auflösung des SPD Ortsvereins Burgau 1933 dort Kassierer, Schriftführer und bis zur Auflösung Beisitzer und einer der besten Redner und Diskussionsteilnehmer.
Zudem fehlte er laut den Aufzeichnungen nur dreimal in 23 Jahren bei Versammlungen des Ortsvereins.
Dies war aus den Protokollbüchern des SPD Ortsvereins Burgau zu entnehmen, die ich vor Jahren auswerten durfte und die heute nicht mehr auffindbar sind!
Über die Liste der SPD zog er am 12.Januar 1919 in den bayerischen Landtag ein. Dort war er bis zum 6.Juni 1920.
SPD-Fraktion im bayerischen Landtag von 1919-1920
Otto Geiselhart amtierte auch als Stadtrat in Burgau vom 20. Juli 1919 bis zum 01. Mai 1924. Zudem war er auch Mitglied im Bezirkstag Günzburg-Burgau von 1919 -1924. Nachdem er mit seiner Familie nach Günzburg umgezogen war, übernahm er am 1. Januar 1925 das Amt eines Stadtrats von Günzburg für die SPD. Dieses Amt hatte er bis zu seinem Tod 1933 inne. Otto Geiselhart war zudem als Geschäftsführer der AOK, damals hieß dieses Amt Kassensekretär, unermüdlich im Einsatz für die Gleichstellung und Gleichbehandlung aller Versicherten.
Zu seinem Aufgabenbereich in der AOK gehörte auch die Wahlen in den Versichertenausschuss zu organisieren, die die beiden Seiten der Arbeitswelt schon damals, wie heute, abzubilden hatte. Hier sei nebenbei erwähnt, dass zu diesen Wahlen zum Versichertenausschuss auch bereits Frauen mitwählen durften!
Da die Arbeitnehmerseite kaum Geld für die Wahlen ausgeben konnte und damit auch keine Plakate aufhängen, Anzeigen schalten und Wahlwerbung verteilen konnte, waren die Ergebnisse für die Arbeiterseite häufig sehr ernüchternd. Zu den Arbeitnehmern zählten auch die vielen, damals noch tätigen, Mägde und Knechte in der Landwirtschaft. Bereits auch bei diesen Wahlen kristallisierten sich Arbeiterhochburgen und damit auch SPD-Hochburgen heraus. Diese waren Offingen, Jettingen, Wasserburg und Oberknöringen. Es gab im Landkreis Günzburg schon mehrere sogenannte Industriebetriebe, wie die BWF in Offingen, die Bandweberei Philipp Kastner Sohn in Burgau, die Firma Mengele in Günzburg. Hier sind nur die größten und heute auch noch bekanntesten genannt.
Erwähnt werden muss dies da es auch zeigt, dass die Konflikte und Diskrepanzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bereits, oder auch gerade zu Beginn des letzten Jahrhunderts bis zum Zweiten Weltkrieg, auch in unserer Region präsent waren!
Und damit Persönlichkeiten wie Otto Geiselhart hervorbrachte!
Stan Zofka hat dies in vielen seiner Publikationen über die politischen Verhältnisse im Landkreis Günzburg wunderbar herausgearbeitet und dargestellt, auch die Person Otto Geiselhart.
1924 kandidierte Geiselhart für die SPD für den vierten Deutschen Reichstag der Weimarer Republik und auch 1928. Er war dann im Reichstag, als Nachrücker von Alwin Saenger, von Februar 1929 bis zum September 1930. Er vertrat im Reichstag den Wahlkreis 24, Oberbayern -Schwaben.
Für diesen Wahlkreis kandidierte 1933 auch Adolf Hitler.
Da es seit März 1930 keine von der Reichstagsmehrheit getragene Regierung mehr gab, regierten Reichspräsident Hindenburg und die von ihm ernannten Reichskanzler von da an vor allem mit Hilfe von Notverordnungen.
Als dann 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannt wurde, wurde kurzerhand der Reichstag aufgelöst und für den 5. März 1933 Neuwahlen anberaumt. Auch Otto Geiselhart kandidierte 1933 wieder für den Reichstag, dem er von 1929 bis 1930 als Nachrücker angehörte. Er wurde dann auch 1933 in die SPD Reichstagsfraktion gewählt.
Als er am Abend des 12. März 1933 aus Berlin zurückkam, erwarteten ihn am Bahnhof ein Gendarm und eine SA Abteilung und begrüßten ihn mit den Worten „Haben wir dich endlich, du roter Lump!“ Er wurde verhaftet und ins Günzburger Amtsgerichtsgefängnis gebracht.
Nachricht über die Verhaftung von Otto Geiselhart im „Schwäbischen Volksblatt“
Dort verstarb er in der Nacht vom 18. März 1933. Die Todesursache wurde als Suizid deklariert, obwohl ein als Mord getarnter Selbstmord nicht auszuschließen ist.
Da Otto Geiselhart im gesamten Bezirk Günzburg für sein überaus großes soziales Engagement und als Mensch, der sich für die soziale Gerechtigkeit einsetzt bekannt war, verbreitete sich die Todesnachricht wie ein Lauffeuer.
Die Todesanzeige, die im Namen der Günzburger SPD im Schwäbischen Volksblatt abgedruckt wurde, hatte folgenden Wortlaut:
„Tieferschüttert steht die freiheitlich gesinnte Arbeiterschaft von Günzburg und Bezirk an der Bahre ihres unvergesslichen Führers und Beraters Herrn Otto Geiselhart
Kassenverwalter und Stadtrat, ehem. MdR und MdL.
Sein Wirken für die Armen werden wir nie vergessen.
In tiefer Trauer die freiheitlich gesinnte Arbeiterschaft von Stadt und Bezirk Günzburg“.

Otto Geiselhart wurde nach Burgau, in seine Heimatstadt, überführt und dort zu Grabe getragen. Clemens Högg, MdL aus Augsburg, hielt die Trauerrede. Der Landtagsabgeordnete Högg verstarb selbst 1945 im KZ Bergen-Belsen.
Das Familiengrab von Otto Geiselhart, in dem dann auch seine Frau Magdalena lag, wurde auf Wunsch der Familie in 1980iger Jahren aufgelöst. Es befand sich links neben der alten Aussegnungshalle.
Der SPD Kreisverband Günzburg wollte einen „Otto-Geiselhart-Preis“ ausloben, die Familie war aber letztendlich gegen dieses Ansinnen.
Der Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V. würde sich wünschen, dass es nicht nur in unserer Stadt auch eine Otto-Geiselhart-Straße gäbe, sondern auch eine Gedenkplatte, die bei dem Gedenkstein an der Mindel für die Toten und Gequälten der Außenstelle des KZ Dachau einen guten Platz hätte!
Text: Irmgard Gruber-Egle, Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V., „75 Jahre SPD-Ortsverein Burgau 1910-1986“,
I. Gruber-Krebs, "Streiflichter zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Landkreis Günzburg - von den Anfängen bis 1945" von Stan Zofka.
I. Gruber-Krebs, "Streiflichter zur Geschichte der Arbeiterbewegung im Landkreis Günzburg - von den Anfängen bis 1945" von Stan Zofka.
Bildmaterial: Stadtarchiv Günzburg, Dr. R. Gerhardt
Dem Stadtarchiv Günzburg gilt unser besonderer Dank für die unkomplizierte und schnelle Unterstützung.
Irmgard Gruber-Egle
Historischer Verein
Burgau Stadt und Land e. V.
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