Häufig werden wir nach unseren „schwäbischen Lebensweisheiten“ gefragt. Noch ist unser Säcklein prall damit gefüllt. Deshalb öffnen wir dieses „Säckle“ heute wieder und wollen Sie in die Zeit entführen, in der der Gebrauch dieser Weisheiten noch zum täglichen Sprachgebrauch gehörte.
Wissen Sie, was das Schöne daran war, jeder wusste damit sofort was gemeint war. Es war auch niemand vor den Kopf gestoßen, weil der Dialekt halt manchmal sehr direkt und auch etwas derb ist, aber niemals verletzend!
Lange Zeit konnte ich mit dem folgenden Ausspruch nichts anfangen, wenn es hieß:
Oh Herr, lass Abend werden, am beschda scho‘ am Vormiddag!
Heute denke ich mir das sehr häufig, wenn die Termine, die Planungen einen etwas überrollen.
Ma muss da Ohwert solang aufheba, bis er an Wert hat.
Ich glaube, dass es Ihnen auch schon häufig so ging, dass sie etwas entsorgt hatten und kurze Zeit später dringend benötigt hätten!??
Ich trinke sehr gerne Wasser, aber meine Großmutter pflegte zu sagen:
S‘ Wasser isch en de Schuah nix, geschweige denn em Maaga!
Manchmal erwartet die Familie, Freunde, Chefs, Arbeitskollegen und noch viele andere von einem Dinge, die einen total überfordern, da sagte der Schwabe:
Wenn i des alz dät, dät ja koi Fetze me von mir übrig bleiba!
Es gab und gibt immer Menschen, die sich einfach nicht entscheiden können oder wollen oder einfach nicht in der Lage dazu sind. Sie fragen „hundertmal“ ihre Umgebung um Rat. Der Weisheit letzter Schluss ist eine schwäbische Weisheit:
Wer lang fraugat, gad lang irr!
Vorher waren wir beim schnellen Wegwerfen, mit Sicherheit eine Zeitkrankheit, obwohl die Dinge oft noch fast neuwertig waren:
Wieso wirfsch des weg, des isch doch no pfennigguad!
Sie wissen schon, dass Wissen Macht ist, der Schwabe drückt das viel komplexer aus:
Alz wissa isch besser, wia alz kenna! Denn wer alz ka‘, muas au‘ alz do!
Haben sie auch so Tage die wie wir vorher schon festgestellt haben, am besten schon am Vormittag enden würden? Hier sagten die Schwäbinnen früher sehr häufig:
An dem Da‘ isch au alz dra, bloß koi Brems!
Es wird immer Menschen geben, die nicht nur erfolgreich sein wollen und sich etwas aufbauen. Es gibt auch welche, die es übertreiben. Da sagt man schwäbisch kurz und knapp:
Mei des letschde Hemad had au koine Däscha!
Oder auch:
Dau isch jetzt au koi Waga hinderm Sarg herg’fahre, mit seim Zoig denna!
Es hat auch die Menschen, insbesondere früher, gefreut soviel Geld zu haben um wählerisch sein zu dürfen oder einfach einmal ein größeres Angebot vor sich zu haben. Da war dann der Ausdruck der Freude:
Mei, dau hasch ja d‘ Wahl wia Mäus en de Huzla!
Dia dragdierad da Bettel au herrisch!
Kommentar, wenn manche Mitmenschen vielleicht en wenig über ihre Verhältnisse lebten.
Dieser Spruch gefiel mir als Kind besonders gut:
Guad isch ganga, sechs hand sieba g’fanga!
Das sollte ausdrücken, dass eine als schwierig eingestufte Situation gut gemeistert werden konnte!
Erwachsene haben auch manchmal vor Kinder ihre vielleicht nicht ganz stubenreinen Gedanken geäußert. Wenn sie merkten, dass das vielleicht nicht ganz passend war, sagten die Eltern oder Großeltern, denn da es insbesondere heute eine schmale Gratwanderung ist, sich in die Erziehung von Kindern bei anderen Leuten einzumischen, finde ich diese schwäbische Empfehlung geradezu diplomatisch:
Ma schwätzd ja bloß vom Dreck, ma frißt en ja ed!
Was isch denn des, sieba Kender ond koi Schäß?
Dies war ein Ausdruck höchster Verwunderung, wenn die Mitmenschen etwas zustande brachten, was die anderen ihnen nicht zutrauten oder auch missgönnten!
Was heilesch lang, he‘ isch he!
Dieser Ausspruch ist für mich die schwäbische Philosophie in Reinkultur! Denn er sagt ganz einfach, schau nach vorne, denn der Verlust oder Misserfolg der Vergangenheit ist nicht wieder zu reparieren.
Menschen die sich sehr gerne in die Angelegenheiten anderer einmischen wird es immer geben. Dies kommentiert der „aufrechte Schwabe so:
Gad me nix a, isch ed mei Ma!
Gilt für alle Geschlechter, männlich, weiblich und auch divers!
Es ist auch nicht eine Zeiterscheinung, dass die großzügigen Menschen rar sind, da pflegte meine Gro0mutter zu sagen:
Weisch d’r Schenker isch g’schtorba, jetzt lebt bloß no d’r Henker!
Ich gebrauche heute auch gerne diese Weisheit:
B’schands ei, i hilf d’r nauche leigna!
Damit wollte man jemanden die Hand reichen um die Wahrheit zu sagen. Dies verwendete man nur bei kleinen belanglosen Lügen!
Und dieser Ausdruck entwickelte sich in den letzten Jahren zu einem meiner Lieblingsausdrücke, denn er umfasst mindestens sechs oder gar sieben Adjektive:
Hands de wieder g‘schnetzgeiglat?
Das heißt in einem Ausdruck, „Bist Du wieder geärgert, getriezt, gemobbt, gepeinigt, ausgenutzt und zum Deppen erklärt worden?“.
Ist dieses schwäbisch nicht grandios?????
Und zum Abschluss wieder ein echtes, sich in Burgau zugetragenes G’schichtle:
In Burgau lebte einst ein Käsereimeister und Molkereibesitzer, der sich zur Ruhe setzte mit seinen zwei Töchtern. Er hieß Dominikus Riederle und die beiden Töchter Anna und Philomena. Die jüngere wurde Mina genannt. Er kaufte sich in Burgau ein schönes Haus und seine beiden Mädchen versorgten ihren Vater wunderbar. Wir sprechen von einer Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Er hatte noch nach dem Kauf des Hauses einen schönen Batzen Geld auf der Seite, so dass er und seine Töchter bis an ihr seliges Ende ausgesorgt gehabt hätten.
Aber es kam anders! Die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg ließ das Geld sehr schwinden, der Vater starb und die beiden Damen darbten! Sie waren Damen, da sie auf eine „Höhere-Töchter-schule“ gingen und von rauen Zeiten bis dahin verschont waren.
Heute werde ich Ihnen erzählen, wie es war, als Anna zum Zahnarzt musste. Sie ging zum Bader Müller, setzte sich auf den Zahnarztstuhl und hatte unfassbare Angst, nachdem er zu ihr sagte, er müsse leider einen Zahn ziehen!
Bevor er allerdings mit seiner großen Zange beginnen konnte, entfleuchte Anna aus Angst ein lauter Wind! Der Bader Müller war entspannt, das kannte er ja schon und sagte, „So der isch jetzt dussa!“.
Daraufhin entgegnete Anna ihm, „Dann wickeln sie ihn doch ein!“ Sie glaubte nämlich, dass es sich bereits um ihren kaputten Zahn gehandelt hätte, von dem der Dentist sprach!!!
Diese Geschichte hörte ich als Kind immer und immer wieder gerne. Denn wenn einem Mitmenschen ein Missgeschick passiert, gefällt das schon Kindern sehr gut!
Zum Schloss hinauf, mit Blick auf die Lorettokapelle
Eine Nachnahme für die Firma Hans Riederle von 1933
Das Schmuck- und Optikergeschäft Osswald, in den 50iger Jahren, es existiert heute noch
Das Autohaus Lehn in den 50iger Jahren in der Augsburger Straße
Veitl-Mühle um 1920 mit der Viehtränke an der Mindel im Vordergrund