Wir versprachen Ihnen anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten des Krankenpflegevereins Burgau e.V. am 7. September 2025 in der Seniorenwohnanlage in der Bleichstraße 18
Auszüge aus der spannenden Chronik des Vereins vorzustellen, die Irmgard Gruber-Egle, 1. Vorsitzende des Hist. Vereins Burgau Stadt und Land e.V. verfasste:
 
Die Entstehung der Krankenpflegevereine in Deutschland
Wir werden zuerst die allgemeine Situation beleuchten, warum bereits 1905 in Burgau ein Krankenpflegeverein gegründet wurde.
 
Die Gründung von Krankenpflegevereinen war eine unausweichliche Notwendigkeit, bedingt durch die Industrialisierung, Epidemien und Kriege in Europa. 
Bereits 1853, beim Tauziehen um die Krim, entwickelte die später weltberühmte Florence Nightingale den ersten Grundstock zur Krankenpflege durch Frauen, die diesen Beruf dann auch grundlegend erlernten.
Ende des 19. Jahrhunderts und um 1900 fanden dann bei uns in Deutschland die Gründungen der ersten Krankenpflegevereine statt.
Die Überbelegung der Hospitäler und Krankenhäuser durch Epidemien und Kriege, wie aber auch der vielen Erkrankten in den wie Pilze aus dem Boden sprießenden Fabriken, machten eine Pflege zu Hause notwendig, aber unter fachkundiger Aufsicht und Betreuung von geschulten Krankenschwestern.
Vielerorts übernahmen, gerade in den industriellen Ballungszentren wie im Ruhrgebiet, in dem die meisten Menschen der evangelischen Kirche angehörten, die Diakonissen diese Aufgabe. Dies sind evangelische Ordensfrauen.
 
Die Krankenpflege war aber zu Beginn des 20. Jahrhunderts auch katholisch orientiert und wurde von katholischen Ordensfrauen ausgeführt oder von Schwesternschaften des Roten Kreuzes und es gab auch jüdische Krankenpflegevereine. Sie alle zusammen trugen dazu bei, die Krankenpflege zu professionalisieren und strukturiert zu organisieren. Sie stellten Pflegepersonal bereit, führten Ausbildungen durch und sorgten für eine umfassende Versorgung der Kranken.
Die Krankenpflege musste aber aufgrund der rasanten Entwicklung der Medizin, insbesondere durch die Einführung wissenschaftlicher Methoden, professionalisiert werden. Die ambulante Krankenpflege, zwischenzeitlich ein eigenes Fachgebiet, erforderte qualifizierte Pflegekräfte, die mit den medizinischen Fortschritten Schritt halten konnten.
 
Krankenpflege unter dem Dach von kirchlichen Trägern 
 
Der Prälat Lorenz Werthmann gründete mit fünf weiteren Personen, darunter Cyprian Fröhlich, der bereits 1889 ein Hilfswerk gegründet hatte, am 9. November 1897 in Köln den Charitasverband für das katholische Deutschland. Der Sitz des Verbandes liegt heute in Freiburg im Breisgau. Bald entstanden weitere nationale Caritas-Organisationen in der Schweiz (1901), in Österreich (1903) und in den USA (Catholic Charities, 1910). 1916 erkannte die Fuldaer Bischofskonferenz den Caritasverband als Zusammenfassung der Diözesan-Caritasverbände zu einer einheitlichen Organisation an. Im Jahre 1922 hatten alle deutschen Diözesen einen eigenen Diözesan-Caritasverband mit Direktoren.
 
In diesen Caritasverbänden bündelten sich sehr bald die deutschen Krankenpflegevereine, die um 1900 fast wie Pilze aus dem Boden schossen.
Denn  Caritas versteht sich, neben Liturgie und Verkündigung,  als Wesensäußerung von Kirche in der Welt. Der Verband organisiert sowohl national die Soziale Arbeit der katholischen Kirche für Menschen, unabhängig von Weltanschauung und Religion, tritt aber auch als eine in vielen Ländern tätige soziale Hilfsorganisation in Erscheinung. Dies ist bis heute so geblieben.
Die Gründung der einzelnen Caritasverbände je Diözese zog sich dann doch fast drei Jahrzehnte hin, bis in Deutschland alle Diözesen einen Verband hatten.
Der Caritasverband für die Diözese Augsburg wurde am 16. März 1921 gegründet. 
Das ist deshalb auch für die Chronik des Krankenpflegevereins Burgau e.V. wichtig, da auch die Burgauer nach der Gründung des Caritasverbandes in der Diözese Augsburg unter dessen Dach arbeiten.
Sie sehen bis zum heutigen Tag, dass der Krankenpflegeverein Burgau e.V., vor allen Dingen was die Personalangelegenheiten anbelangt, unter Caritas firmiert.
Der Anschluss an die Caritasverbände war nur eine logische Entwicklung, da die meisten ambulanten Krankenpflegevereine bereits bei ihrer Gründung durch kirchliche, bei uns in Bayern hauptsächlich und letztendlich durch katholische Initiative eines Pfarrers, zustande kamen.
 
So auch in Burgau. Der erste Vorsitzende des Krankenpflegevereins Burgau e.V. war der katholische Pfarrer Josef Schmid.
Aber der Krankenpflegeverein Burgau e.V. wurde erst nach seiner Reaktivierung 1979, exakt am     17. September 1979 Mitglied im Caritasverband Augsburg.
 
Gründung des Vereins für ambulante Krankenpflege in der Stadt Burgau im Jahre 1905
 
Die Gründung im Jahr 1905 hatte natürlich eine Vorgeschichte.
 
Da die Franziskanerinnen aus Dillingen bereits seit 1864 in der Schule in Burgau die Mädchen unterrichteten, stellte der Burgauer Magistrat 1894 eine Anfrage an die Ordensleitung in Dillingen, ob nicht auch Klosterschwestern in das Walter‘sche Hospital und spätere Krankenhaus berufen werden könnten. Dies fiel in die Amtszeit von Bürgermeister Johann Weymayer, der die Geschicke der Stadt von 1984 bis 1905 leitete.  Die Franziskanerinnen aus Dillingen kamen dann auch 1894 in das „Walter‘sche Hospital“ als Krankenwärterinnen, wie auch in die Kinderbewahranstalt, dem heutigen Kindergarten, als Erzieherinnen. 
 
 
Hochwürden Josef Schmid 
Stadtpfarrer in Burgau von 1902 - 1920
 
 
Johann Weymayer, Bürgermeister von 1894 bis 1905
 
Sie werden sich fragen, warum „Walter’sches Hospital“? Unser Krankenhaus war ursprünglich einmal eine Stiftung zum Zwecke einer Hospital-und Krankenverpflegung, die ein Oberamtmann des Gotteshauses Heiligkreuz in Donauwörth, Josef Franz von Walter, explizit der Stadt Burgau hinterließ.
Es gibt hierzu einen Stifterbrief aus dem Jahre 1802, in dem dann eindeutig festgelegt war, dass die Stadt Burgau ein Hospital zu errichten hätte, dessen Aufgabe die Pflege der Alten und Kranken, die Speisung und Bekleidung der Armen und die Beherbergung der Fremden sei.
Zu diesem Zeitpunkt hatten der Bau und die Gründung eines Hospitals keine Eile. Dies lag daran, dass im frühen 19. Jahrhundert die Gesundheitsfürsorge für Alte und Kranke nur eine untergeordnete Rolle spielte.
 
An der Stelle des heutigen Therapiezentrums und einstmaligen Krankenhauses stand bereits im 18. Jahrhundert ein sogenanntes Armenhaus, auch Spital genannt. 
1841 begann man dann, dieses Armenhaus in das Walter’sche Krankenhaus und Spital umzubauen.
Und in dieses Hospital berief man 1894 drei Ordensfrauen des Franziskanerordens aus Dillingen zur Krankenpflege.
 
Weil aber das Hospital und Krankenhaus viel zu klein war, um all die zu pflegenden Bürger Burgaus aufzunehmen, beschlossen 1905 unter Federführung von Stadtpfarrer Josef Schmid Bürger der Stadt einen ambulanten Krankenpflegeverein zu gründen, wie dies anderenorts nun schon häufig geschah.
 
Gründungsprotokoll des Krankenpflegevereins Burgau e.V.
 
Original geschrieben in Sütterlin, der damaligen Deutschen Schrift, siehe Foto
 
 
 
Gründungsprotokoll 
Burgau, den 26. Februar 1905 aufgenommen: 
Vorsitz: Die Unterzeichnenden.
 
Auf Ersuchen einiger hiesiger Bürger berief der Hochwürdig. Herr Stadtpfarrer auf heute, Sonntag, den 26. Februar 1905, eine Versammlung von Interessenten zwecks Gründung eines Vereins für ambulante Krankenpflege in der Stadt Burgau in den Saal der „Zinkschen Brauerei“. 
Nachdem das Einberufen die Wohltat eines lokalen derartigen Vereins erklärt hatte, verlangten die 126 Anwesenden durch Erheben von den Sitzen einstimmig die Gründung des Vereins. Es wurde hierauf der Verein als gegründet erklärt und zur Festsetzung der Statuten geschritten. Diese wurden mit wenigen Änderungen in der von Hochwürdig. H. Stadtpfarrer vorgetragenen Fassung wie beiliegend vorgenommen u. beschlossen den Verein als „eingetragenen Verein“ an zuständiger Stelle anzumelden und an zuständiger Stelle, um Genehmigung bezirksamtlicherseits der Statuten zu ersuchen. Die Wahl des Vorsitzenden wurde per Akklamation beantragt und vorgenommen. Es wurde gewählt: 
Hochw. Herr Stadtpfarrer Jos. Schmid als Vorsitzender
Herr Chorregent Norb. Schuster als Schriftführer und Kassier
Herr Dr. Brunner Otto, prakt. Arzt, als Beisitzer
Herr Dr. Hörl, Wilhelm, prakt. Arzt, als Beisitzer
Herr Bürgermeister Jos. Weymeyer, als Beisitzer
Herr Spitalverwalter, Magistratsrat Georg Bader, als Beisitzer. 
 
          
 
   
Das Originalprotokoll von 1905
 
(An der Rechtschreibung wurde bewusst nichts verändert, weil wir Ihnen eine Originalübersetzung bieten wollen.)
 
Diese Versammlung fand, wie Sie dem Gründungsprotokoll entnehmen können, im Saal der „Zink’schen Brauerei“ in Burgau statt.
Der Saal der „Zink’schen“ Brauerei befand sich dort, wo später ein Kino war und heute das „Albertus-Magnus-Haus“ steht, am Schmiedberg.
 
Die Zink’sche Halle in der damaligen Brauerei der Familie Zink
 
Ferner gab sich der neu gründete Verein auch eine Satzung.
 
Wir werden Ihnen, liebe Leser von Burgau aktuell, immer wieder Auszüge aus dieser Chronik vorstellen.
 
Text:  Irmgard Gruber-Egle, Krankenpflegeverein Josef Knöpfle
Bilder: Historischer Verein Burgau Stadt und Land e.V., Krankenpflegeverein Burgau e.V.
 
Irmgard Gruber-Egle
Historischer Verein
Burgau Stadt und Land e. V. 
Bilder und Text urheberrechtlich geschützt, kopieren und vervielfältigen nur mit Genehmigung der Urheberin