Es war eine geniale Idee des Geburtsjahrgangs 1967/68 dafür Sorge zu tragen, dass das „Burgamer Pfingschttreffa“ heuer nicht wieder ausfiel.
Die Corona-Pandemie tat in den Jahren 2020 und 2021 das Ihrige dazu, dass es nicht stattfinden konnte, 2022 wäre es beinahe schon wieder der Fall gewesen, weil wohl die Tradition mit „Altwerden“ verwechselt wurde.
Es ist durchaus möglich, dass sich heute Fünfzigjährige noch nicht alt fühlen, aber es hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Es können durchaus auch die Modalitäten geändert werden und nicht mehr die 50-jährigen sind für die Organisation des Pfingsttreffens zuständig, sondern die 60-jährigen. Aber es soll, es muss auf alle Fälle erhalten bleiben.
Beleuchten wir doch ganz kurz die Entstehung dieses Treffens. Das Pfingsttreffen in Burgau wurde von einem Anton Benz, Reservist des Ersten Weltkrieges, ins Leben gerufen.
Dies wurde als Jahrgangs- und Wiedersehenstreffen im Lammsaal am 25. Mai 1935, einem Pfingstsamstag, abgehalten.
Hier muss kurz auf die Zeit dieses Entstehens eingegangen werden. Es war nämlich so, dass ab Mitte der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts es Mode geworden war, solche Wiedersehens- oder Jahrgangstreffen abzuhalten. Initiiert wurde dies vor allen Dingen von Schulabgängern von Gymnasien und von Absolventen von medizinischen und juristischen Fakultäten.
Aber auch das sogenannte Fußvolk fand Gefallen an solchen Treffen und so entstanden ziemlich schnell und überall in Deutschland solche Jahrgangstreffen ab einem bestimmten Alter.
Meistens wählte man die Jahrgänge aus, die ihren 50-ten Geburtstag hatten und auch ganz individuell diejenigen die dann 60, 70 oder gar 80 Jahre alt wurden.
So geschehen auch in Burgau. Über diese ersten Jahrgangstreffen ist fast nichts in den Archiven zu finden, aber, dass sie bereits im Jahr 1939 wieder verboten wurden.
Im Übrigen muss erwähnt werden, dass auch solche Wiedersehensfeiern in Offingen und Jettingen abgehalten wurden und sie auch den Sprung über den Zweiten Weltkrieg schafften. Als es nämlich in Jettingen noch ein Pfingstvolksfest gab, trafen sich auch des Öfteren Schulabgänger der dortigen Volksschule ab einem bestimmten Geburtsjahrgang. Mit dem Wegfall des dortigen Volksfestes starb auch diese Tradition.
Burgau schaffte den Sprung in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg auch.
Im Jahr 1952 schlug dann der ehemalige Burgauer Bäckermeister und Alt-Bürgermeister Anton Haisch, vor, diese Tradition doch wieder aufleben zu lassen. Gesagt, getan. Anton Haisch war damals 72 Jahre alt.
Fam. Haisch
(Foto: Hist. Verein Burgau)
Sein Gedanke war bereits zu dieser Zeit die Integration der Heimatvertriebenen, und diese hauptsächlich aus dem Sudentenland, Böhmen, Egerland, Tschechien, Pommern, Ostpreußen, eigentlich aus ganz Europa Vertriebenen miteinzubeziehen und ein Jahrgangs- und Heimatfest abzuhalten.
Er hatte auch die Idee, dass die jeweils 50-jährigen dieses Treffen organisieren sollten, natürlich mit Unterstützung der 60, 70, 80, 90 und 95-Jährigen.
Man gründete 1952 ein Komitee und diesem gehörten an:
Anton Haisch als Vorsitzender
Herr Peter Miller , d’r Pariser Bäck
Frau Resi Mader, geb. Frey, (d’r Färber Resl)
Frau Maria Gruber, geb. Konrad, oder Konradschneider Marii und
d’r Toni Elzer, d‘r Pfarrer.
Die Besonderheit des Treffens der “Neuzeit” war, dass am Pfingstsamstag die einzelnen Klassen sich schon einmal bei sogenannten Klassentreffen sahen und ihren Erinnerungen freien Lauf lassen konnten. Die einzelnen Jahrgänge trafen sich jeweils in einem anderen Burgauer Lokal.
Nachdem dieses erste Pfingsttreffen der „Neuzeit“ so gut geklappt hatte, blieb die Organisation vieler nachfolgender Pfingsttreffen in den Händen des vorher genannten Komitees.
Die ersten Pfingsttreffen fanden alle in der „Alten Turnhalle“ statt, also genau da, wo auch das diesjährige Treffen stattfand.
Pfingsttreffen 1962, Jahrgang 1902, vor dem Union Theater Burgau
(Foto: Archiv Hist. Verein Burgau)
Irgendwann, genau konnte ich das nicht eruieren, zog dann dieses Treffen in den Lammsaal um und blieb dort, bis zur Schließung des Saals.
Wenn wir über diese Pfingsttreffen im Lammsaal reden, müssen wir über Hermann Riederle, “da’ Spitz”, reden, der überaus gekonnt, fesselnd und mitreißend viele, viele Jahre durch den Abend führte.
Hier muss auch noch erwähnt werden, dass es viele Jahrzehnte ein gut gehütetes Geheimnis war, wer die Festrede am Pfingstsonntag halten würde.
Zu den Treffen im letzten Jahrhundert könnte ich noch viele nette und auch interessante Details schreiben, aber das machen wir, wenn es kommendes Jahr wieder heißt, auf nach Burgau zum Pfingsttreffen!.
Der Lammsaals wurde in der Mitte der 1980iger Jahre des letzten Jahrhunderts (eventuell 1987) geschlossen und es erfolgte ein erneuter Umzug des “Burgamer Pfingschttreffas” in das 1981 fertig gestellte Albertus-Magnus-Pfarrzentrum.
Aufgrund der etwas holprigen Anläufe zum diesjährigen Pfingsttreffen, aber letztendlich seiner wunderbaren Rettung, war der Umstand, dass es keine Einladungen gab und auch keine am Pfingstsamstag stattfindenden Klassentreffen, absolut verzeihlich.
Ein asiatisches Sprichwort, sagt, Menschen ohne Vergangenheit, haben keine Zukunft. Wir müssen hier nicht philosophieren, deuteln oder uns in irgend welchen Interpretationen versteigen, es heißt für Burgau, dieses Pfingsttreffen hat eine fast 90-jährige Tradition. Und 2022 war es das 68-te Treffen nach dem Zweiten Weltkrieg, da 2020 und 2021 die Pandemie der Tradition einen Strich durch die Rechnung machte.
Es führt Menschen einmal im Jahr nach Burgau und zusammen, wo sie entweder geboren wurden, oder auch nur zur Schule gingen oder in Burgau seit geraumer Zeit leben, oder es trifft für die Jubilare sogar alles zu.
Einbezogen sind natürlich seit 1978 auch alle Jubilare aus Limbach, Groß- und Kleinanhausen und Unter- und Oberknöringen.
Zum Abschluss darf ich zum Pfingsttreffen 2022 zurückkommen. Es war dank der Organisation des Jahrgangs 1967/68 ein wunderbarer Abend mit einem geglückten Programm. Die Kapelle Timeless unterhielt das doch reifere Publikum gekonnt und Frau Stadträtin Monika Riß führte elegant durch den Abend.
Das ehemalige und diesjährige Komitee 1968,
Frau Riß führt durch den Abend
(Foto: Fotostudio Ulrike Vogele)
Die erste Vorsitzende des Historischen Vereins Burgau Stadt und Land e.V., Frau Gruber-Egle, gab in Ihrem Vortrag Einblick in die Geschichte des Burgauer Pfingsttreffens und erinnerte an viele, viele Lehrerinnen und Lehrer der letzten 90 Jahre. So manche Anekdote durfte auch nicht fehlen . Frau Marianne Baumann schilderte in ihrer humoristischen Einlage einen denkwürdigen Arztbesuch in Günzburg.
Marianne Baumann mit Monika Riß
(Foto: Fotostudio Ulrike Vogele)
Die Einlage der beiden Burgauer Pfarrer, Herr Gürth von der evangelischen Kirche und Herr Stegmüller von der katholischen Fraktion, ließ als „Blues Brothers“ keine Wünsche offen, doch für Herrn Gürth war es auch ein Abschied von Burgau.
Ganz wunderbar war dann vom „Komitee“ die Idee, wie bei einem Staffellauf, den Stab bereits an die kommende Generation für das Pfingsttreffen zu übergeben, nämlich an den Jahrgang 1973.
Dieses Pfingsttreffen, das bei uns in der Region einmalig ist, sollte als Brauchtum unbedingt erhalten bleiben, deshalb die Bitte an die kommenden Generationen, es nicht zu vernachlässigen, die Tradition aufrecht zu erhalten.
Der Historische Verein Burgau Stadt und Land e.V. sagt an die Initiatoren des diesjährigen Treffens noch einmal ein großes DANKESCHÖN .
Quellen: Archiv des Hist. Vereins Burgau Stadt und Land e.V.,
Bilder: Fotostudio Ulrike Vogele und Archiv des Hist. Vereins Burgau Stadt und Land e.V.
Irmgard Gruber-Egle
Historischer Verein
Burgau Stadt und Land e. V.
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