Aufgrund von vielen Ereignissen bringen wir dieses Jahr unseren Beitrag "Schule einst und heute" nicht in der Septemberausgabe von Burgau aktuell, also nicht zum Beginn des neuen Schuljahres, sondern einen Monat später.

Grundlage unserer Berichte ist die Schulchronik Burgaus. Diese wurde sehr genau und differenziert von Norbert Schuster und Luise Haltmayer, untergliedert in die verschiedenen Bereiche des Schulwesens und  über die nachweisbaren Jahrhunderte, aufgeschrieben. Das sehr  komplexe Werk ist für Burgau von unschätzbarem Wert, da es auch genau alle Quellenangaben der Nachforschungen enthält.

Heute befassen wir uns mit dem Ankauf der Adlerwirtschaft zu einem Schrannengebäude, aber auch zum Ausbau einer Mädchenschule.


Am 1.Oktober 1856 lief der Vertrag über Verpachtung des Schrannenraumes im Rathaus aus. Pächter war damals der Getreidehändler Joseph Anton Kastner. Die Stadt wollte den Schrannenbetrieb in eigener Regie übernehmen. Zur Errichtung einer größeren Schrannenhalle sollte die Adlerwirtschaft erworben werden (Hs. Nr. 255). Besitzer war Johann Nepomuk Engelhard. Zur Adlerwirtschaft gehörten auch die Ochsenwirtschaft (Hs. Nr. 257), die durch einen schmalen Gang von dieser getrennt war, also auf dem freien Platz zwischen heutiger Mädchenschule und Hs. Nr. 259 (Moser) stand. Der heutige Kirchplatz war eng mit den Wirtschaftsgebäuden bebaut. Zwischen Hs. Nr. 265 (Platzbeck - Lindenmayr) und der Kirche waren Bräuhaus und Viehstall, zwischen Adlerwirtschaft und Pfarrkirche Pfründhaus und Stallung und zwischen Ochsenwirtschaft und Hs. Nr. 253 und der Kirche ebenfalls Stallungen.


Ausschnitt aus einem Stadtplan von 1766, auf dem gut zu erkennen ist die enge, dichte Bebauung des Kirchplatzes

Alle diese Gebäude, also Adlerwirtschaft, Ochsenwirtschaft, Bräuhaus, Pfründhaus, Stallungen und Städel waren das  Kaufobjekt der Stadt Burgau. Der Kaufpreis betrug 6.000 fl (Gulden), dabei aber nicht das reale Braurecht. Die Gemeindebevollmächtigten waren über den Kauf uneinig. Die Gegner des Ankaufes hielten diesen für unnötig, weil ihrer Ansicht nach die bestehende Schranne genügend Platz bot und die Mittel zum Ankauf nicht ausreichten.
Außerdem konnte die der Stadt eigene Kapuzinerkirche leicht für eine Schrannenhalle ausgebaut, bzw. verwendet werden. Das Landgericht (Landrichter von - Brück) war mit folgenden Argumenten für den Ankauf:

1.    Die Notwendigkeit einer Schrannenhalle ist vorhanden.
2.    Durch Abbruch von Gebäuden kann der Platz vor der Kirche vergrößert werden.
3.    Bei einem entstehenden Brande kann auf dem vergrößerten Platz mit den Feuerlöschgeräten besser operiert werden.
4.    Die Feuerspritze kann von dem Spritzenhaus auf dem steilen Schlossberg dann in einem der angekauften Gebäude untergebracht werden.
5.    Bei Verlegung des Rentamtes von Wettenhausen nach Burgau (Schloss) können im neu entstandenen Schrannengebäude dann auch Schulen untergebracht werden.

Die kgl. Bauinspektion Dillingen ist aus bautechnischen Gründen gegen den Ausbau der Adlerwirtschaft zu einer Schrannenhalle; das Gebäude wäre baufällig.
Von der Regierung wurde der landgerichtliche Curatelbeschluss genehmigt und der Kauf durch Bürgermeister Kleber getätigt (6.000 fl).

Der Abbruch der Nebengebäude erfolgte dann bereits im nächsten Jahr, 1857.
Der Magistrat war ursprünglich für den Abbruch sämtlicher Nebengebäude und Ochsenwirtschaft, die Gemeindebevollmächtigten wollten aber die Ochsenwirtschaft erhalten. Das Landgericht entschied nach Einvernahme der Baubehörde: Es müssen wegen Baufälligkeit sämtliche Nebengebäude der Adlerwirtschaft, also auch die Ochsenwirtschaft, abgebrochen werden.

Die Gebäude wurden an den Wenigstbietenden (Maurermeister Ludwig Mayerhofer und Zimmermeister Heichlinger) zum Abbruch versteigert. Zugleich begann der Ausbau der Adlerwirtschaft zur Schrannenhalle nach dem Gutachten der kgl. Bauinspektion.

1861 übergab der Zimmermeister Michael Klein infolge erhaltenen Auftrags dem Magistrate einen angefertigten Bauplan über Ausbau des Schrannengebäudes zu Schulzwecken und Lehrerwohnungen.
Der Voranschlag sah 2.02 fl Umbaukosten vor. Die fünf hiesigen Sachverständigen sprachen sich aber dagegen aus. Darum wurde beschlossen: Da das Gebäude in den gegenwärtigen Zustande nicht belassen werden kann, aber für den Einbau von Privatwohnungen geeignet ist, sollen die im Plan eingezeichneten zwei Schulzimmer zu erforderlichen gemeindlichen Zwecken, die übrigen Räumlichkeiten zu Privatwohnungen hergestellt werden.

Am 17. Juli 1864, also drei Jahre später, berichtet die Baubehörde Günzburg aber an das Bezirksamt, dass sich der Bau doch für Schulzwecke eigne und Wohnräume für 4 bis 5 Personen vorhanden wären.
Die Lokalitäten bedürfen nur des Weißens (Streichen) und weniger kleiner Reparaturen.

 
Links ist die Mädchenschule und rechts das Gebäude Moser,
auf dem Platz dazwischen war die Ochsenwirtschaft, die 1857
abgerissen wurde

Bereits am 5. Oktober 1864 wurde das neue Schulhaus von Lehrschwestern aus dem Mutterkloster Dillingen (Franziskanerinnen) bezogen.
Das war der Beginn der Mädchenschule, sprich Mädlaschual, in Burgau.

Mit dem Ausbau der ehemaligen Adlerwirtschaft zu einer Schrannenhalle und Schulgebäude war die Schulraumnot im Jahre 1864 beseitigt und etwa 70 Jahre lang reichten die vorhandenen Räume für die Schulkinder aus.

Die Burgauer Schulchronik beinhaltet noch viel Stoff für viele weitere Beiträge, in denen es heißt: Schule einst und heute.

Quellen: "Geschichte der Volksschule Burgau", von Norbert Schuster 1943, fortgeführt von Luise Haltmayer 1981
Bilder: Irmg. Gruber-Egle, privat

Text: Irmgard Gruber-Egle,                                           
Historischer Verein Burgau                                            
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