Wie schnell doch so ein Jahr vergeht, trotz Pandemie und Regen und vielen ärgerlichen, aber auch schockierenden Ereignissen. Wir berichten Ihnen nun schon seit 2015 über die Entwicklung der Schulen im Allgemeinen und in Burgau im Besonderen.
Basierend auf der Schulchronik Burgaus, diese wurde sehr genau und differenziert von Norbert Schuster jun. und Luise Haltmayer angefertigt, beschrieben wir 2020 (Teil VI) den Ankauf der Adlerwirtschaft und deren Ausbau auch als Schulgebäude.
Heute befassen wir uns mit der Reorganisation des Schulwesens in Burgau
Stadtpfarrer Deuringer regte beim Bezirksamte Günzburg 1863 die Reorganisation des Schulwesens in Burgau an und wurde darauf von diesem beauftragt, diese vorzubereiten. So trug Deuringer am 28. Mai 1863 dem Magistrat und den Gemeindebevollmächtigten von Burgau seine Wünsche in einer großen Rede vor:
„Nachdem unterm 6. August v. J. der hiesige Schullehrer und Chorregent Herr Alois Eidt nach langjährigem und segensreichem Wirken dahier gestorben war, erachtete es der Unterzeichnete als königlicher Lokalschulinspektor und Stadtpfarrer für seine Pflicht, eine zeit- und zweckentsprechende Reorganisation der hiesigen Schulverhältnisse zu beantragen und derselbe berichtet daher am 12. August der königlichen Distriktschulinspektion in Deubach und der hohen königlichen Regierung sein Projekt. Es sollen:
1. Die Knaben und Mädchen getrennt, d.h. gesonderte Knaben- und Mädchenschulen errichtet werden.
2. Für die 2. und 3. Knabenklasse ein definitiver Lehrer angestellt werden, welcher zugleich den Chorregentendienst an der hiesigen Stadtpfarrkirche zu versehen habe,
3. für Vorbereitungs- und I. Klasse der Knaben soll ein Schulgehilfe,
4. für die Mädchenschule aber sollen 3 Klosterfrauen, nämlich 2 Elementar- und 1 Arbeitslehrerin berufen,
5. der Mesnerdienst soll vom Schul- und Chorregentendienst getrennt und einem geeigneten, in diesem Fache erfahrenen Bürger übertragen werden…“
Herr Stadtpfarrer Deuringer ließ sich in seiner oben zitierten Rede zu jedem der fünf geforderten Punkte ausführlich aus.
So referierte er ganz im Sinne des Geistes des 19. Jahrhunderts und der Katholischen Kirche, dass die Erziehung unbedingt Mädchenschulen erfordere. So sagte er unter Anderem, „… dass das Mädchen einer wesentlich anderen Behandlung bedürfe, als der Knabe. Denn das Wesen des Mädchens ist weit von der Organisation des Knaben verschieden. Das Mädchen hat mehr Gemüt, der Knabe mehr Verstand. Die Tätigkeit der Schule beschränkt sich bei den Mädchen mehr auf das Gebiet der Erziehung, beim Knaben herrscht die unterrichtliche Seite vor. Wenn die Unterschiede des Geschlechtercharakters einmal ausgewischt sind, dann mag die Vereinigung der Knaben und Mädchen in den Schulen stattfinden. Allein diese Differenzen werden immer bestehen. Immer muss bei der Erziehung berücksichtigt werden die Natur, die Bedürfnisse und der Beruf der Geschlechter.
Im Interesse der Religion, der Sittlichkeit und der Unschuld muss also eine Trennung der Geschlechter und Organisation von Mädchenschulen dringendst gewünscht, ernstlich angestrebt und an dem Grundsatze festgehalten werden, dass die Bestimmung des Weibes und das Ziel der Erziehung der weiblichen Jugend in gemischten Schulen nie und nimmer erreicht werden kann.“
Da wir hier nur berichten und nicht werten, überlassen wir es Ihnen liebe Leserinnen und Leser sich Ihre eigenen Gedanken darüber zu machen. Nur muss auch noch ergänzt werden, dass die Monoedukation (Erziehung getrennt nach Geschlechter) bei uns in Bayern erst 1960 offiziell abgeschafft wurde.
So wurde sehr schnell aus der alten „Adlerwirtschft“ die “Mädlaschual“ und ins Schloss gingen die Knaben.
Aufnahme einer Mädchenklasse um 1910 bis 1915
Wenn man allerdings alte Schulbilder mit verschiedenen Jahrgängen anschaut, wurden anscheinend auch aufgrund von Lehrermangel Mädchen und Buben zusammen unterrichtet. Wie das untenstehende Bild zeigt.
Aus welchem Jahr diese Bild stammt ist unbekannt, aber es ist eine der ältesten Aufnahmen von Schulkindern in Burgau
Um wieder auf die Situation in Burgau einzugehen, wird in dieser wunderbaren Schulchronik von Norbert Schuster jun. und Luise Haltmayer berichtet, dass bis 1908 vier Lehrkräfte um die 300 Schüler unterrichteten. Die durchschnittliche Schülerzahl je Klasse bewegte sich zwischen 67 und 83 Kinder.
Von 1908 bis 1921 pendelte die Schülerzahl um 350; es unterrichteten fünf Lehrer und die durchschnittliche Schülerzahl lag pro Klasse bei 70.
1922 sank die Schülerzahl unter die 300-Marke und erreichte diese erst wieder um 1930. Trotzdem sind jetzt 6 Lehrer an der Burgauer Schule angestellt und folglich sank die Klassenfrequenz auf rund 47 Schüler*innen.
Von 1825 bis zu seinem Tod am 6. August 1862 war Alois Eidt in Burgau als Lehrer tätig. Geboren wurde er am 28.5.1799 in Jettingen.
Vom 1.10.1863 bis 1.9.1886 war Friedrich Weber, geb. am 26.1.1836 in Gundelfingen als Schulgehilfe und Chorregent in Burgau tätig. Weber wurde strafversetzt, weil das Kollegium der Gemeinde Bevollmächtigten ihm vorwarfen, dass er insbesondere seine Pflichten in der Kirche bei sonn- und festtäglichen Gottesdiensten stark vernachlässige.
Ab dem 1.9.1886 bis zu seinem Ruhestand am 30.11.1896 unterrichtete August Leinauer die Burgauer Kinder. Dieser wurde am 29.1.1830 in Affaltern (Kreis Wertingen) als Lehrersohn geboren.
Dann übernahm am 1.12.1896 Anton Schopp seine Stelle. Er erblickte am 9.9.1870 das Licht der Welt in Wallerstein (Kreis Nördlingen). Lehrer Schopp wohnte im Schloss und durfte dort auch den Obstgarten bewirtschaften. Er war bis zum 31.8.1902 in Burgau tätig.
Am 1.11.1902 kam dann Norbert Schuster sen. nach Burgau. Geboren wurde er am 23.2.1866 in Untermeitingen als Lehrersohn. Über Bobingen und Gabelbach kam er nach Burgau. Norbert Schuster sen. war für Burgau in jeder Beziehung ein Segen. Er war Schulrat für den Bezirk Burgau, gründete das Burgauer Museum und legte die ersten Grundsteine für ein professionelles Archiv. Seine bereits erwähnten Verdienste, seine unermüdliche Hingabe als Dirigent des hiesigen Kirchenchors und seine beliebte Art als leutseliger und hilfsbereiter Mitbürger wurden am 28.5.1926 mit der Ernennung zum Ehrenbürger gewürdigt.
Leider verstarb er am 26.6.1926 viel zu früh.
Norbert Schuster sen.
Ab 1909 bis zum 1.12.1951 wirkte als große Respektsperson Aurelie Oberwegner. Geboren wurde sie am 1.12.1886 in Rettenbach (Kreis Günzburg). Als sie einmal den verstorbenen Georg Merkle, Metzgermeister in Burgau, an den Ohren zog, bemerkte sie sehr spitz und trocken, „Ach Georg du hast aber große Ohren!“, antwortete dieser schlagfertig, „Gell Frau Oberwegner, daraus ko‘ba Sulza macha!“
Anton Rogg kam 1913 nach Burgau, gebürtig in Mindelheim.1913 wurde er in Burgau als Hilfslehrer angestellt und 1930 zum Hauptlehrer ernannt. Am 1.4.1940 avancierte er dann zum Rektor der Volksschule Burgau. Anton Rogg war ein sehr geselliger Mensch, Kartenspielen in der „Schwalbe“, Orgelspielen in der Kirche und die Teilnahme am Vereinsleben der Markgrafenstadt, so blieb er bis heute im Gedächtnis der älteren Burgauer.
Anton Rogg wurde am 1.6.1956 pensioniert und verstarb am 7.2.1962 in Burgau.
Abschließend muss noch erwähnt werden, dass ab dem 14.8.1919 Volksschullehrer*innen erst in Bayern Beamte des Staates wurden. Es heißt weiter in diesem Volksschullehrergesetz, „Das Dienstverhältnis des Volksschullehrers ist nach zehnjähriger Dienstzeit von der Ernennung zum ständigen Volksschullehrer an unwiderruflich.“
Die Burgauer Schulchronik beinhaltet noch viel Stoff für viele weitere Beiträge, in denen es heißt: Schule einst und heute.
Quellen: "Geschichte der Volksschule Burgau", von Norbert Schuster 1943, fortgeführt von Luise Haltmayer 1981
Bilder: Irmg. Gruber-Egle, Archiv Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V.
Text: Irmgard Gruber-Egle, Historischer Verein Burgau Stadt und Land e. V.
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