Über 150 Jahre Kolonialwarenhandel in Burgau, der Familien Zöschinger, Weymayer, Fischer und  Mühlbauer
1. Teil

                                                  

Diesen Herrn kennen Sie, es ist Hermann Mühlbauer     

… dieser Herr ist sein Ur- Ur-Großvater
Ehemaliger Stadtrat Johann Zöschinger

Aber fangen wir ganz von vorne an:
Johann Zöschinger wurde am 20. Oktober 1802 in Burgau, im Haus Nr.20, geboren. Die Familie Zöschinger lässt sich bis zu Franz Zöschinger, Bäcker, gestorben am 12. März 1738 nachweisen.
Aber der Vater von Johann Zöschinger, Josef Zöschinger,  war Strumpfstricker und sein Sohn Johann, eines von 11 Kindern erlernte auch den Beruf des Strumpfstrickers.
Johann Zöschinger strebte nach Höherem und bezeichnete sich bereits 1846 als Handelsmann und gründete 1848 ein „Spezereien-Geschäft“. Um dieses betreiben zu können kaufte er auch 1848 das große Haus neben dem Blockhausturm von einem Herrn Hock, der nach Amerika auswanderte und wohnte fortan mit seiner Familie im Haus Nr. 267, in der heutigen Stadtstraße 4, vorher wohnte er Burgau, Hausnummer 20, heutige Käppelestraße.
Das Haus am Turm gehört bis heute dem Ur-Urenkel von Johann Zöschinger, Hermann Mühlbauer und seiner Familie.
Zur Familie Zöschinger schrieb Luise Mühlbauer, geborene Fischer, im Jahr 1977: „Ein Josef Zöschinger, Vater von Johann Zöschinger, hatte um 1780 in Burgau auf dem Platz der ehemaligen „Marienapotheke“ eine Wirkerei. Er verkaufte seine Waren auf den umliegenden Märkten und auf einer dieser Fahrten nach Gundelfingen in einem strengen Winter wurde er unterwegs mit seiner Karre, erfroren aufgefunden.“
 
Vielen älteren Burgauern ist vielleicht auch der Begriff „Kolonialwarenhandlung“ im Gedächtnis. Genau so wurde dann ab der zweiten Generation im Hause Zöschinger die Lebensmittelhandlung genannt.
Noch sind wir aber bei der Generation Zöschinger. Johann Zöschinger war seit dem 16. September 1828 mit Viktoria Sailer, auch aus Burgau stammend, verheiratet.
Die beiden hatten 10 Kinder, von denen dann 5 Mädchen das Erwachsenenalter erreichten und sich vier davon verheirateten, eines der Mädchen ging als Schwester „Agnes“ ins Kloster zu den Barmherzigen Schwestern in Augsburg und arbeitete dort im städtischen Krankenhaus.
Nachdem alle Söhne entweder nach der Geburt oder im Kleinkindesalter verstarben war natürlich klar, dass eine der Töchter das „Spezereien Geschäft“ übernehmen sollte. Vor allen Dingen auch, weil Johann Zöschinger, ein enorm tüchtiger Kaufmann und ab 1867 auch noch als Versicherungskaufmann für die Magdeburger Hagel-Versicherungs-Gesellschaft tätig war, dieses Geschäft auf gar keinen Fall aufgab oder gar verkaufte.

In einem Bericht  der Kulturbeilage der Donauwörther Zeitung vom Oktober 2015 heißt es, dass Frau Philomena Auer, eine Tochter der angesehenen und vermögenden Kaufmannsfamilie Johann und Viktoria Zöschinger war. Die Familie hatte es bereits zu beachtlichem Wohlstand gebracht.


 
Werbung der Magdeburger Hagel-Versicherungsgesellschaft mit der Nennung von Johann Zöschinger als Mitarbeiter

Daraus lässt sich schließen, dass beim Ableben von Johann Zöschinger seine Tochter Maria, die jüngste der Töchter, bereits ein sehr ansehnliches und gut situiertes Geschäft übernahm.

Zur Familie Zöschinger muss noch gesagt werden, dass der Bruder von Johann Zöschinger, Hilarius Zöschinger, geb. am 10. Januar 1840, von 1882 bis 1893 1. Bürgermeister von Burgau war.
Eine der Töchter von Johann Zöschinger heiratete einen Johann Bergmann und war dann die Urgroßmutter des späteren bayerischen Landtagspräsidenten Rudolf Hanauer.


 

Maria Zöschinger geboren am 3. Februar 1850, heiratete am 28. Februar 1872 den Kaufmann Johann Weyhmayr, geboren am 8. Februar 1847 in Burgau. Der Familienname Weyhmayr wird in den verschiedensten Schreibweisen wiedergegeben. Wir einigen uns auf Weymayr, wie auf dem untenstehenden Foto des Hauses auch zu lesen ist.
Nachdem die Handelsregister aufgekommen waren, ließ Johann Weymayr, der Ehemann von Maria geb. Zöschinger, diesen Namen seiner Firma ins Register eintragen.



         
Die Familie Weymayer vor ihrem Geschäft, Hans Weymayer                 

Maria Weymayer, geb. Zöschinger vor ihrem Laden

Wir wollen Ihnen aber nicht vorenthalten, dass die Familie Weymayer sechs Kinder hatte und wiederum überlebten nur die  Mädchen. Drei der Weymayer Töchter verheirateten sich und eine ging auch als Klosterfrau zu den Barmherzigen Schwestern nach Regensburg. Maria Viktoria Katharina, geb. am 17. Januar 1873, verstorben am 21.Oktober 1931. Ihr Name als Nonne war, Schwester Amanda.


Vorne links sitzend „Schwester Amanda“ geb. Weymayer



                          
Johann Weymayer                        Maria Weymayer, geb. Zöschinger

Johann Weymayer war nicht nur ein exzellenter Kaufmann sondern auch ein engagierter Kommunalpolitiker und von 1894 bis 1905 ehrenamtlicher erster Bürgermeister der Stadt Burgau tätig.
In seiner Zeit als Bürgermeister wurden die Franziskanerinnen aus Dillingen dann auch 1894 in das Walther‘sche Hospital und spätere Krankenhaus als Krankenwärterinnen berufen, wie auch in die Kinderbewahranstalt, dem heutigen Kindergarten. In der Schule unterrichteten sie  bereits seit 1864 tätig.


Johann Weymayer 1. Bürgermeister von 1894 bis 1905

Hier müssen wir uns auch einmal über das Wort „Kolonialwarenhandlung“ unterhalten. Denn genau dies war nun unter Führung von Maria und Johann Weymayr dieses ehemalige „Spezereien-Geschäft“ geworden. Die Firma Weymayr belieferte bereits um die Jahrhundertwende des 19. Jahrhunderts die sogenannten „Tante-Emma-Läden“ in der Umgebung.
Den Begriff „Kolonialwarenhandlung“ erläutern wir in einem kleinen Extra-Beitrag.




Maria Weymayer vor ihrem Ableben am 13. Februar 1920

                                                   


Bilder: Historischer Verein Burgau Stadt und Land e.V., Familie Hermann Mühlbauer
Text: Irmgard Gruber-Egle, Familienunterlagen von Hermann Mühlbauer
                                    Irmgard Gruber-Egle
                                    Historischer Verein
                                    Burgau Stadt und Land e. V.
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