Die Belagerung Burgaus durch Ludwig den Bayern von 1324 bis 1325


Burgau begeht heuer ein ganz seltenes Jubiläum, es widerstand der Belagerung Ludwig des Bayern,  * 1282 oder 1286 in München; † 11. Oktober 1347 in Puch bei Fürstenfeldbruck) aus dem Haus Wittelsbach. Er war ab 1314 römisch-deutscher König und ab 1328 Kaiser des Heiligen Römischen Reiches.
Ihr müsst wissen, Burgau gehörte bis 1301 den Grafen oder Herren von Berg. Dies waren Adelige aus der Nähe von Ulm, bzw. Ehingen, in Baden- Württemberg, aus dem Ort Berg. Dort hatten sie eine gigantische Burg und viele Ländereien, und von ihrer Burg aus konnten sie gut die Donau kontrollieren. Wenn man so einen wichtigen Transportweg kontrollieren konnte, hatte man viel Macht und Einfluss. Aber der letzte Markgraf aus dem Hause Berg, Heinrich III., verpfändete Burgau samt den Ländereien an die Habsburger.

Die Markgrafschaft Burgau als habsburgischer Besitz war den Wittelsbachern (Bayern) ein Dorn im Auge. Burgau liegt zwischen Augsburg und Ulm und war als Umschlagplatz für verschiedene Transporte sehr wichtig. Zudem fielen die Habsburger  immer wieder in die Gebiete der Bayern ein. Sie raubten den Bayern Vieh, plünderten hie und da ein Schloss und steckten es nicht selten auch in Brand. Das österreichische und das bayerische Gebiet trennten nur die Grenzflüsse Lech und Donau.
Da Ludwig kurz vorher seinen habsburgischen Gegenspieler “Friedrich den Schönen”  1322 bei der letzten großen Ritterschlacht  des Mittelalters bei Mühldorf am Inn, gefangen setzte, glaubte er nun auch die Markgrafschaft relativ schnell einnehmen zu können.

Ludwig der Bayer

Burgau wurde zu dieser Zeit von Burkhard von Ellerbach und seinen zwei Söhnen und circa 300 Ritter, die im Schloss wohnten, verteidigt.
In den Überlegungen des Wittelsbacher war es kein Problem das kleine Städtchen Burgau einzunehmen, da es keine Stadtmauer hatte, sondern nur einen circa ein Meter fünfzig  hohen Flechtzaun aus Weiden. 

   
So müssen wir uns den Zaun vorstellen,
aber noch dichter bewachsen

 

 
Burgau 1555, Darstellung im Ehrenspiegel Österreichs, mit Flechtzaun

Er zog nun, als er alles was man zu einer Belagerung benötigt zusammen hatte, von Donauwörth kommend gen Burgau. Die Angaben, ab wann er Burgau belagerte gehen zwischen den Wissenschaftlern auseinander. Es gibt Urkunden, die reden von September 1324 und andere von November des gleichen Jahres. Von November spricht auch der ehemalige Archivar der Stadt Burgau Norbert Schuster jun.. Es dürfte sowie so einige Zeit gedauert haben bis er mit dem Herr, dass ihm die Städte Augsburg und Ulm, der Burggraf von Nürnberg und die Grafen Ludwig und Friedrich von Öttingen zur Verfügung stellten, vor Ort war.

Zuvor, so berichtet Norbert Schuster jun. wollten die Ulmer mit ungefährt 60 bis 80 überwiegend berittenen Männern Burgau bereits angreifen. Da Späher dies von  Ellerbach frühzeitig meldeten, legte er sich bei Nersingen mit 100 Ritter in den Hinterhalt und besiegte die Ulmer.
Schuster jun. schreibt in seinen äußerst lebhaft gestalteten Aufzeichnungen und Übersetzungen der vorhandenen Urkunden, dass der von Ellerbach vor dem Angriff der Ulmer gesagt haben soll: “Ich rieche einen Braten, der uns hoffentlich gut schmeckt.” An seine beiden Söhne gewandt sagte er weiter: ”Richtet in Burgau alles her, dass wir eine lange Belagerung aushalten können. Ich reite mit 100 Ritter den Ulmern entgegen. Das soll die Suppe werden zum Braten, den ich nun einmal in der Nase habe. Lasst im Osten drüben recht Ausschau halten. Ich glaube, dass bald der Bayernwind geht!”

Burkhard von Ellerbach sollte recht haben. Nachdem er die Ulmer besiegt hatte, wurde in Burgau der Flechtzaun verstärkt und Frauen und Buben mussten helfen die Städel und Ställe zu füllen. Man holte Kühe und Schweine auch aus den umliegenden Ortschaften, so wie Getreide und Mehl aus allen zur Verfügung stehenden Mühlen. Schuster jun. schreibt, dass die Stadt noch nie soviele Lebensmittel und Tiere innerhalb ihrer Tore beherbergte, wie vor dieser erahnten Belagerung. 
Von Ellerbach befahl nun alle Tore zu schließen und positionierte strategisch  seine Mannen am Flechtzaun.
Ludwig der Bayer kam mit seinem Tross, ungefährt 400 Behelmten von Donauwörth her, es waren aber auch aus der Richtung Augsburg Kämpfer im Anmarsch. Die Späher beobachteten zudem, dass bei dem Belagerungsgerät von Ludwig auch Wagen dabei wären, die mit großen Steinen beladen sind, mit denen man in die Stadt schleudern konnte.
Ludwig bezog nun sein Lager beim Gsundbrunnen und auf dem Gelände des heutigen Trachtenheims. Dieses Areal war im Übrigen bis zur Bebauung in den 1970iger Jahren auch die städtische Sandgrube.

 


Gelände der ehemaligen Sandgrube und des heutigen Trachtenheims

Die heute noch vorhandenen Belagerungskugeln wurden auf dem Gelände des Trachtenvereins Burgau gefunden! Der Hang zum Gsundbrunnen, wie auch die Sandgrube eigneten sich um Höhlen auszugraben, in denen die Kämpfer Ludwig des Bayern wohnten und abwarteten. Oder sie standen Posten rund um den Ort.
Nach den urkundlichen Überlieferungen war Ludwig wohl der Meinung, dass die Vorräte der Burgauer nur noch kurz reichen würden und dann würden sie ihre Tore freiwillig öffnen. “Der Hunger hinter dem Zaun ist unser bester Freund!” soll er gesagt haben.
Seine Kämpfer bestürmten Ludwig, dass er den Befehl geben soll, den Zaun umzuwerfen und dann wäre die Belagerung schnell beendet. Seine Mannen wollten heim, denn Weihnachten stand vor der Tür. Er äußerte sich auch dahingehend, dass er die Stadt gar nicht beschädigen wolle, aber das Schloss ausräuchern. In den Aufzeichnungen von Schuster jun. gibt es auch einen Ausspruch, den Ludwig gemacht soll, als ihn seine Krieger nötigten die Stadt so schnell als möglich einzunehmen: “Aber hinter dem Zaun schauen Helme hervor, und die Schwaben haben harte Köpfe und Mut haben sie wie sieben Teufel!”

Den Mut bewiesen die Ritter von Burkhard von Ellerbach, den sie öffneten wohl während der Belagerung heimlich ein Tor und schlichen ins feindliche Lager. Die bayerischen Posten schrien wohl gleich “Feindio”, aber bis die Bayern ihre gefrorenen Stiefel anzogen, waren die Schwaben wieder in der Stadt und hatten den Bayern 500 Pferde gestohlen. Damals sollen sie auch den Augsburger Hauptmann Bitschlin erschlagen haben.
Ludwig entschloss sich nun die Belagrung zu Ende zu führen. Er schickte einen Ritter mit einer weißen Fahne zu den Österreichern mit der Aufforderung sich zu ergeben und die Tore zu öffnen. Sollten sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, würden die Bayern keine Rücksicht nehmen und es würde sie die Ungnade Ludwigs hart treffen.
Von Ellerbach  erwiderte aber: “Es ist  nicht die Gewohnheit der Schwaben sich mit Drohworten schrecken zu lassen. Ludwig solle nur kommen, dann wird er ja sehen,was wir ihm zu sagen haben!”

Aber die Bayern kamen nicht. Es kam aber wohl eine große Kälte und die hielten die Habsburger innerhalb des Zauns besser aus, als die Bayern in ihren Gruben.
Außerdem hatte zwischenzeitlich der österreichische Herzog Leopold am Bodensee 1800 Mann zu Pferde und 4000 zu Fuß gesammelt und führte sie auf dem schnellsten Weg nach Burgau.
Mittlerweile hatten aber auch die Mannen Ludwigs die Nase voll und baten ihn über Weihnachten, das vor der Tür stand, nach Hause gehen zu düfen. Es soll ungefähr ein Drittel der Belagerer geblieben sein. Aber als dann Ludwig von dem Heer, das von den Österreichern angeführt wurde und bereits auf Burgau zumarschierte, durch die Späher des Burggrafen von Nürnberg erfuhr, entschloss er sich in der Nacht vom 10. auf den 11. Januar 1325 fluchtartig die Belagerung aufzugeben.
Er ließ wohl das gesamte Belagerungsgerät unter anderm auch die Steinkugeln, von denen noch vier in Burgau vorhanden sind oder sein sollen, zurück.


Steinkugel von 1324 im Archiv des Historischen Vereins Burgau Stadt und Land e.V.

Die Burgauer mit Burkhard von Ellerbach machten sich auf den Weg ins verlassene Lager und fanden jede Menge Lebens- und Futtermittel vor, es hingen wohl auch noch die Kupferkessel in den Wohnhöhlen. Da meinte Burkhard von Ellerbach ganz lakonisch: “Der Braten ist nun allerdings fort, aber die Brühe ist auch nicht schlecht!”

 


Damit blieb Burgau und die gesamte dazugehörige Markgrafschaft bis zum Frieden von Preßburg 1805 habsburgisch.

Wir werden Ihnen, liebe Leser von Burgau aktuell, in den kommenden Ausgaben unseres Stadt Magazins die wunderbaren Aufzeichnungen von Norbert Schuster jun. nicht vorenthalten. Er hat ein Document hinterlassen, das er “Bei den Belagerten” nannte. Lassen Sie sich überraschen!?

 

Quellen:  
Archiv des Hist. Vereins Burgau Stadt und Land e.V., Archiv der Stadt Burgau, Aufzeichnungen von        Norbert Schuster jun., 
Bilder:        
Archiv Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V., 
Irmgard Gruber-Egle Historischer Verein Burgau Stadt und Land e. V. Bilder und Text urheberrechtlich geschützt, kopieren und vervielfältigen nur mit Genehmigung der Urheberin