Kinderreime sind etwas wunderbares, herrliches und umso älter sie sind, um so interessanter sind sie. Alte Kinderreime gehören ebenso zu unserer Kultur und vor allen Dingen auch zu unserem Brauchtum, wie Dialekt und tägliche Abläufe. Es gibt diese Reime in allen Sprachen, in allen Kulturen und vor allen Dingen auch in allen Dialekten. Halten wir es mit Goethe, der sagte :"Die Mundart ist doch eigentlich der Ort wo die Seele ihren Atem schöpft."
Wie wahr!

Zu den Kinderreimen zählen Auszählreime, vor allen Dingen Schlaflieder und auch kleine kurze Verslein, die man schon ganz kleinen Kindern immer wieder sagt, wie zum Beispiel: "Gat a Mandele Treppe nauf, bleibt dau dana hocka, gat a Stückgale weiter nauf, und läutet an de Glogga." Sie kennen das alle, dabei krabbelt man einem Baby mit den Fingern an den Beinen hoch, macht zwischendurch eine Pause und kitzelt es dann an den Ohrläppchen.  Die Versionen, von dem Verslein sind vielfältig und dabei spielt es sehr wohl eine Rolle aus welchem Ort oder welcher Gegend  man kommt.

Wer von Ihnen kennt nicht auch den Spruch, wenn man den kleinen Kindern die Finger erklärt. "Das ist der Daumen" und hält ihn beim Kind in der Hand, man nimmt den  Zeigefinger und sagt, "der schüttelt die Pflaumen", dann nimmt man beim Kind den Mittelfinger und sagt, "der glaubt sie alle auf", beim Ringfinger ist der Spruch, "der trägt sie alle heim" und beim kleinen Finger sagt man zum Kind, "der kleine Buzel isst sie alle allein."

Viele, viele Kinder haben dann gesagt und sagen es auch heute immer wieder, "Noch einmal!"
Das gleiche passiert, wenn man so ein süßes Baby auf dem Schoß sitzen hat und spielt mit ihm, Hoppe, Hoppe Reiter!

"Hoppe, hoppe Reiter,
wenn er fällt,
dann schreit er.
Fällt er in den Graben,
dann fressen ihn die Raben!
fällt er in den Sumpf,
macht der Reiter plumps!"

Ich habe noch kein Kind gesehen, das dieses Spiel nicht in vollen Zügen genossen hat. Dabei spielt der Text keine Rolle, den die abgerundete phonetische Aussprache ist hier das Geheimnis des Erfolgs und natürlich die Bewegungen eines Reiters.

"Ri-ra-rutsch, wir fahren mit der Kutsch,
wir fahren mit der Schneckaboscht,
weil sie keinen Pfennig koscht.
 Ri-ra-rutsch"

Auch das ist ein Reim, den man ganz leicht mit einem Kleinkind auf dem Wickeltisch machen kann.

Wenn die Kinder dann laufen können, kommt der folgende Vers zum Tragen:

"Ringele, Ringele reia,
Kender semer zweia,
sitzat unterm Hollerbusch,
und schreiat alle husch, husch, husch."

Dafür sind Kinder  in allen Regionen in den letzten hundert Jahre mit dem wunderbaren Lied vom kleinen Hänschen aufgewachsen:

"Hänschen klein ging allein,
in die weite Welt hinein,
Über Stock und über Stein,
aber brich dir nicht das Bein,
immer im Galopp,
hopp, hopp, hopp."

Kinderreime lassen sich sehr selten einem bestimmten Verfasser zuordnen, sie sind oft über Jahrhunderte in zahlreichen Variationen aufgetaucht. Viele wurden von Eltern ersonnen oder auch von den Kindern selber und deshalb unterliegen sie auch dem Wandel der Zeit. Es kann bereits dem einen oder anderen Leser bereits eine veränderte, oder der Zeit angepasste Version meiner hier zitierten Reime bekannt sein.

Beim Recherchen fand ich unzählige, wunderschöne Kinderreime, aber einen alten schwäbischen möchte ich Ihnen nicht vorenthalten:

"Gigges, Gagges Geismus,
Geis gant barfuß,
barfuß gant se,
hinter'm Ofa sitzat se,
ihre Schiehla fleckat se.
Katz zuit am Reama,
im Oberland isch neama.I
m Unterland guggat a weißer Schemel raus,
Grüß Gott Schemel, lebsch du au no?
Wieso soll i neame leba?
Mei Vadr isch a Web'r und mei Muadr isch a Kichefrau,
ond was se kochat, geit se mer au.
Gigges, Gagges Geismus."

Kinderreime, alte wie neue, gibt es für alle Tages- und Jahreszeiten, aber auch für alle Situationen.
Fiel ein Kind hin oder verletzte sich ein wenig, dann wurde häufig der Spruch gesagt:

"Heile, heile Sega,
sieba Tag Rega,
sieba Tag Sonnaschei',
sieba Tag Schnee
und scho' dut dem Kend nix mehr weh."

Die meisten Kinderverse werden in so einer Art Sprechgesang vorgetragen, aber es sind auch viele davon von den verschiedensten Musikern immer wieder vertont worden.

Kinderreime sind oder wurden auch zu kleinen Gebeten verarbeitet. Das mit Sicherheit bekannteste Gebet für kleine Kinder am Abend ist das folgende:

" Müde bin ich, geh' zur Ruh',          
Schließe beide Augen zu:
Vater, lass die Augen dein
über meinem Bette sein!"

Mit diesem Abendgebet beende ich meinen Ausflug in die Welt der Kinderreime.

Sollten Sie noch Reime und Verse kennen, vor allen Dingen im Dialekt, freuen wir uns, wenn Sie uns an Ihrem Wissen teilhaben lassen.
 
    
Quellen:
Text, Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V.

         Irmgard Gruber-Egle
         Historischer Verein
         Burgau Stadt und Land e. V.
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