Im Jahre 1670 gab es in Burgau 16 Wirtschaften, davon waren 3 Weingasthäuser. Bereits 1749 gab es 19 Wirtschaften, darunter hatten wieder drei das Recht Wein auszuschenken, zudem hatten bis auf eine, auch alle das Recht zu brauen.
1881 hatte Burgau 9 Brauereien und 11 Schankwirtschaften.
Sie werden sich fragen, was hat das mit den Eiskellern der Stadt zu tun? Sehr viel, da Bier in erster Linie ein Nahrungsmittel war, musste man es über einen bestimmten Zeitraum lagern können, ohne dass es verdarb.
Die Menschen wissen schon seit tausenden von Jahren, dass die Einlagerung von Paraffin, gepökeltem Fleisch, eingesalzenem Fisch, Rüben und später auch Kartoffeln in sogenannten Erdhöhlen mit einer durchschnittlichen Erdbodentemperatur, in Mitteleuropa von 8° C bis 10° C, längere Zeit möglich ist.
Die Temperaturschwankungen während der warmen bis heißen Monate konnten allerdings nicht überall ausgeglichen und eine konstante Kühlung gewährleistet werden.
Doch die Ägypter und die Römer glichen diese Schwankungen bereits mit eingelagertem Eis aus. Dieses Wissen war lange Zeit in Vergessenheit geraten.
Vor ca. 300 Jahren entdeckten dann die reichen Adeligen wieder diese Methode mit der Eiseinlagerung. Sie bauten bei ihren Gutshöfen und Schlössern Erdkeller mit einem Gewölbe in Halbkugelform und einem Loch von oben für die Einfüllung von Natureis. Es würde hier den Rahmen unseres Berichtes sprengen, wenn wir auf alle damals bekannten physikalischen und technischen Gegebenheiten eingingen, die beim Bau so eines Eiskellers bereits zu dieser Zeit ausschlaggebend waren.
In diesen Kellern wurden im 17. Jahrhundert aber in erster Linie Nahrungsmittel gelagert.
Aufgrund des vermehrten Konsums von Bier stellte sich die Frage der kühlen Lagerung und Haltbarmachung auch immer mehr den vermehrt entstehenden Brauereien und zusehends auch Großbrauereien.
So entstanden viele neue Eiskeller für die Brauereien und auch für die Schankwirtschaften.
Im Jahre 1749, wie eingangs beschrieben, hatte Burgau 19 Wirtschaften, die bis auf eine, alle das Braurecht besaßen und wahrscheinlich auch brauten. Deshalb wurden vor ungefähr 200 Jahren auch in Burgau Eiskeller gebaut. Leider sind viele dieser Eiskeller nicht in den Grundbüchern eingetragen worden. Das kommt daher, dass die Brauereibesitzer diese Keller in ihre ihnen gehörenden Grundstücke bauten.
Von der Lage her bot sich anscheinend in Burgau die heutige Ulmer Straße, stadtauswärts gesehen rechts, besonders gut für den Einbau eines Eiskellers an. Topographisch gesehen lag die ehemalige B 10 viel tiefer als heute, der Weg, die Furt bildete eine Schneise. Links und rechts stieg das Gelände mehr oder weniger hügelig an. Und in und unter diesen Hügeln befanden sich nun über fast zwei Jahrhunderte Burgaus Brauereieiskeller.
So konnten die Brauereikeller der verschiedenen Brauereinen ebenerdig angefahren werden und anschließend rollte man über breite Treppen, ca. zwei bis drei Meter in die Tiefe hinunter die Bierfässer um sie einzulagern. Im hinteren Teil der Kühlkeller befand sich der Einwurf für das Eis. Diese Keller lagen auch teilweise etwas höher, da bekanntlich die Kälte nach unten fällt und sich dann in den Lagerräumen verbreiten konnte. Der schmälere Zugang zu diesen Kellern war teilweise 10-15 Meter lang, damit beim Öffnen des Kellers nicht das vorderste Lagergut an Kühlung verlor.
Beginnen wir nun in Burgau, in der Ulmer Straße stadtauswärts, mit den Eiskellern. Der erste Keller war der Eiskeller der "Brauerei Zink", noch bis in die 1970iger Jahre vorhanden. Heute steht dort die Sparkasse und hügelaufwärts mehrere neue Häuser. Dieser Keller hatte sogar einen sog. Paternosteraufzug, der händisch bedient wurde. Dieser Keller zog sich eher hügelaufwärts, entlang der Friedhofstraße.
Daneben befand sich der relativ große Keller der "Tellerbräu", der erst vor ganz kurzer Zeit eingeschüttet wurde. Dieser Eiskeller war in einem erstaunlich gutem Zustand und hatte in der Vergangenheit eine Verbindung zum nebenan liegenden "Zinkkeller".
Lagerraum im Eiskeller "Tellerbräu"
Einwurfschacht für das Natureis
Da es, wie bereits ausgeführt, kaum notarielle Nachweise oder Grundbucheintragungen gibt, konnte unsererseits bisher auch noch nicht herausgefunden werden, welcher Brauerei oder Gastwirtschaft der Keller gehörte, der vor zwei Jahren neben einem Wohnhaus in der Ulmer Straße einbrach und den Carport einsinken, sowie weitere große Löcher entlang des Hauses entstehen ließ. Das Haus befindet sich stadtauswärts zwei Grundstücke nach dem Keller der "Tellerbräu".
Ältere Burgauer kennen dann auf alle Fälle den Eiskeller der "Lammbrauerei". Er lag unter dem heutigen Netto-Markt. Der Einstieg, bzw. die Zufahrt befand sich ungefähr 5 Meter westwärts der heutigen Bushaltestelle. Dieser Eiskeller wurde in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts nur noch zur Einlagerung von Kartoffeln verwendet. Die man dann im "Lammsaal" für alle Großveranstaltungen reichlich benötigte. Auch dieser Keller hatte einen Aufzug, den man unter Einsatz eines Pferdes bediente. Über diesem Aufzug und damit auch dem Einwurfloch für das Eis befand sich eine große Scheune.
Wiederum gleich neben dem Kühlkeller der "Lammbrauerei" war der Eiskeller der "Brauerei Gleich". Diese hatte ihre Brauerei und Gasthof gleich auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Auch an diesen Einstieg erinnern sich ältere Burgauer, oder waren sogar als "Lausbuben" in den beschriebenen Kellern unterwegs.
Sehr interessant finden wir, dass in der Ulmer Straße, aber auf der gegenüberliegenden Straßenseite, bevor man in die Burgauer Straße abbiegt, ein weiterer, relativ unbekannter Eiskeller einer alten Burgauer Brauerei existiert, nämlich der Keller der Weizenbierbrauerei "Grüner Baum".
Dieser Keller befindet sich unter zwei Wohnhäusern und ist bis heute intakt. Er dürfte einer der ältesten Eiskeller Burgaus sein. Wir recherchieren noch.
Aber nicht nur die Burgauer Brauereien nutzen die Hügel in Burgau um ihre Eiskeller anzulegen, auch die Limbacher Brauerei "Jehle" hatte ihren großen Eiskeller unter dem Gasthof "Mäusle", an der "Hindenburghöhe". Dieser Keller dürfte ebenso noch bis heute vorhanden sein.
Bier wurde von der Lammbrauerei auch in ihrem Bergkeller beim "Lammkeller" eingelagert. In so einem Keller, der sich tief in einen bewaldeten Hügel eingräbt, existiert fast das ganze Jahr eine konstante Temperatur, so dass das Einfüllen von Eis überflüssig war. Löcher oder Schächte, die in solche Waldhügel von oben gegraben wurden, dienten ausschließlich der Belüftung. Belüftungsschächte besitzen im Übrigen alle Eiskeller, da das beim Gären entstehende Kohlendioxid abgeführt werden muss und durch die Belüftung auch die Schimmelbildung für andere Lebensmittel verhindert wird.
Während die Böden dieser Lagerkeller meistens mit Natursteinen oder Ziegelsteinen gepflastert waren, war der Boden im Keller, in dem sich das Eis befand, meistens aus Torfmull. In dem Torfboden konnte dann das Schmelzwasser des Eises versickern.
Es gibt zu dem Thema Eiskeller, eisen und kühlen mit Eis in den verschiedenen Brauereimuseen unzählige Fotos und Beschreibungen, aber auch interessante Literatur.
Bei uns in Burgau gab es auch bei der Gastwirtschaft "Goldenes Kreuz" einen Eiskeller, der im Hof einen Schacht hatte um ihn mit Eis zu bestücken und von der Ulmer Straße her angefahren werden konnte. Dieser Zugang war schräg gegenüber dem Einstieg zum Keller der "Tellerbräu". Ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts dürfte dieser Eiskeller wohl in erster Linie als Bier- und Vorratskeller der Gastwirtschaft gedient haben.
Außerdem gibt es einen Zeitzeugen, der weiß, dass auf dem Hof des "Goldenen Kreuzes", neben der Kegelbahn, ein sog. "Eisgalgen" stand. Auf den Eisgalgen wurde bei fehlendem Natureis selber Eis gemacht. Man spritze an sehr kalten Tagen, mit Temperaturen unter null Grad, Wasser auf diese Galgen und wiederholte dies so oft, bis passable Eisstangen entstanden.
Geeist, also Natureis gebrochen oder später heraus gesägt, wurde in Burgau unterhalb des heutigen Bauhofs und oberhalb des Silbersees aus den Überlaufflächen der Mindel und früher in den Altläufen der Mindel. Es gab noch keinen Autobahn- oder Silbersee.
Eisen in den 1920 bis 1930iger Jahre
Das Ende der Eiskeller läutete nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, in den 50iger Jahren des letzten Jahrhunderts, die Ära der elektrischen Kühlaggregate ein.
Aufgrund unserer umfassenden Recherchen werden wir zu dem Thema Eiskeller und vor allen Dingen auch eisen im kommenden Jahr einen weiteren Beitrag für "Burgau aktuell" vorbereiten.
Es ist bedauerlich, dass die letzten Eiskeller langsam alle verschwinden. Die Stadt Regen hat ihre Eis- oder Bierkeller, 21 an der Zahl, mit einem interessanten Programm erhalten und nutzt sie für den Tourismus.
Über Bilder und Aussagen von Zeitzeugen würden wir uns freuen!
Quellen: Text und Bilder Hist. Verein Burgau Stadt und Land e.V.
Irmgard Gruber-Egle
Historischer Verein
Burgau Stadt und Land e. V.
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