Die Geschichte der Post in Burgau

von Josef Bogner München,
ergänzt und aktualisiert von Fridolin Merz, Burgau

Der folgende Beitrag basiert auf einem Aufsatz von Josef Bogner, München, der 1984 in der Zeitschrift „Archiv für Postgeschichte in Bayern“, Heft 2, Seite 264 bis 276 erschienen ist. Der Nachdruck von Teilen des Aufsatzes erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Redaktion DAS ARCHIV – Magazin für Kommunikationsgeschichte in Frankfurt/Main.

Anfang der Post in Burgau

Zur Zeit der um 1530 bestehenden Postroute von Brüssel nach Wien spielte das vorderösterreichische Burgau postalisch keine Rolle (Mitteilung des Thurn & Taxischen Zentralarchivs in Regensburg vom 19. Oktober 1983). Erst um 1810 bat Burgau das Bayer. Landeskommissariat um Zuteilung eines Landrichteramtes und um die Einrichtung einer Post.

Mit Bekanntmachung vom 21. Januar 1811 erhielt Burgau zunächst eine Briefsammlung, welche dem dortigen Sternwirt Johann Jacob Bemmer übertragen wurde. Dieser – offensichtlich ein Patriot – spendete 12 fl für die allgemeine Landesbewaffnung. Er war seines bürgerlichen Zeichens Bier- und Weinschenk und diente neben seinem Gewerbe im Landwehrbataillon der Nationalgarde III. Klasse als Major und Kommandant. Diese bürgerfriedsame Garnisonseinrichtung übte Polizeifunktion aus und war wegen ihres unkriegerischen Charakters bei Jung und Alt wohlgelitten.

Aufgrund Entschließung vom 28. Oktober 1814 bekam Burgau im Jahr darauf eine sog. „Unterlegpost“ (Poststall). Das Oberpostamt (OPA) Augsburg verlieh diesen Dienst gegen eine Kaution von 500 fl dem Ulrich Nachbauer in Burgau. Die Entfernung Burgau – Günzburg betrug dreiviertel Post (= 1 ¼ Stunden), nach Zusmarshausen einundeinviertel Post (= 2 Stunden). – Nachbauer verstarb im Jahr 1827.

Seiner hinterlassenen Wittib Carolina Nachbauer wurde mit Reskript vom 27. März 1827 der Briefpost- und Postalldienst zu Burgau gegen Leistung derselben Kaution, die nur umgeschrieben wurde, übertragen. Die verwitwete Posthalterin ehelichte 1830 Ernst Renz, der am 1. August den Postexpeditionsdienst übernahm, nachdem die Dienstkaution auf ihn überkommen war. – Im Jahre 1846 zum zweiten Male Wittib geworden, wiederholte sich die Kautionsüberschreibung auf Carolina Renz, die nun neben dem Poststall auch den Expeditionsdient ihres verstorbenen Mannes ausübte.


Bei dieser Gelegenheit sei ein Blick auf die Herkunft der Bewerber um eine Posthalterstelle gestattet. Sie kamen aus folgenden Berufen: Aus Händlerkreisen, waren auch Einnehmer, Bürgermeister bzw. Gemeindevorsteher, Subalternbeamte a.D., Lehrer, Posthalterwitwen, pensionierte Gendarmen, Handwerker- und Meister, niedere Offiziere a.D., Tafernwirte, Ökonomen, ehemalige Zöllner, wenige Male sogar Apotheker und einmal fand sich auch ein Landarzt darunter.

Wirtschaftlich betrachtet, muß der Poststalldienst um 1846 nicht gerade lukrativ gewesen sein, wie eine Eingabe der Posthalterin Carolina Renz ersehen läßt. Die POD Augsburg hatte ihr ein unverzinsliches Gesamtdarlehen in Höhe von 5000 fl gewährt, trotzdem erbat sich die Frau eine weitere Finanzhilfe. Bei Nachprüfung der Bücher standen 7833 fl Einnahmen 6854 fl Ausgaben gegenüber, weshalb das neue Ansuchen keine Berücksichtigung mehr fand.

Umwälzende (postalische) Verkehrsänderungen brachten die fünfziger Jahre des 19. Jahrhunderts durch den Bau der Eisenbahnlinie München – Augsburg – Ulm bzw. Augsburg – Neu-Ulm. Waren die Poststationen Fürstenfeldbruck – Burgau – Zusmarshausen usw. bisher lebhaft frequentiert, so wurden sie jetzt viel weniger beansprucht. Anfang der fünfziger Jahre gab es vorerst die genannte Linie München – Augsburg – Ulm – Stuttgart . Die Verbindungslücken Augsburg – Dinkelscherben – Burgau – Neu-Ulm aber bedurften noch der bahnmäßigen Erschließung. Am 26. September 1853 eröffnete die „Maximiliansbahn“ genannte Verbindung auch zwischen Augsburg und Dinkelscherben – Burgau Bahnhof und Neu-Ulm den Betrieb. Die Züge fuhren täglich früh, mittags und abends. Bis dahin hatte die Post auf den vorgenannten Teilstrecken mit Eilwägen ausgeholfen. Gleichzeitig eröffneten in Burgau und Neu-Ulm Bahnexpeditionen und mit Erlaß vom 30. September 1853 wurde die Expedition in Burgau angehalten, die Übergabe und Übernahme der Postsendungen von der Bahn für die Postexpedition Burgau-Stadt zu besorgen.

Als Taxe für einen gewöhnlichen Brief von Burgau nach Dinkelscherben, Gessertshausen, Offingen, Leipheim, Westheim und Nersingen zahlte man drei Kreuzer.

Im Mai 1862 löste Otto Schuester aus Burgau die Posthalterin Carolina Renz im Postexpeditions- und Poststalldienst ab. Die Fahrverbindung Burgau Bahnhof Stadt wurde mit 400 fl (inbegriffen Trinkgeld für den Postillion und die Hafer-Teuerungs-Zulage), der Expeditionsdienst mit 250 fl pro Jahr vergütet. Schuester verpflichtete sich ab 1. April 1862 zur Durchführung der Burgauer Kurzfahrten und zur Übernahme und Beförderung zwischen Augsburg – Ulm abgefertigten und ankommenden Briefe, Fahrpostsendungen und Zeitungspakete. Neben dem Postomnibus durfte auch der ärarische Cariolwagen* verwendet werden. Für die täglich viermaligen Fahrten setzte Schuester auch seinen privateigenen Omnibus ein, hielt einen Postillion und zwei Pferde. Soweit Platz vorhanden, war Personenmitnahme erlaubt, die Taxe hierfür betrug für die Fahrt Bahnhof – Stadt pro Kopf zwölf Kreuzer. Diese Einnahmen verblieben nebst der für die Gepäckbeförderung anfallenden Taxe dem Unternehmer, der mit der Expedition Burgau direkt abrechnete. Schuester verstarb im Jahre 1884.

Mit Wirkung vom 1. Mai 1869 verband sich die Bahnexpedition Burgau mit der Postexpedition. Für die Besorgung des Postdienstes wurde an die Eisenbahnkasse ein jährliches Aversum von 100 fl, außerdem ein Maximalbetrag von 50 fl des Tantiemenbezugs aus dem Markenabsatz vergütet. Das Postlokal war im Stationsgebäude untergebracht.

Laut Entschließung vom 14. November wurden ab 1. Dezember 1884 der Poststall- und Expeditionsdienst in Burgau voneinander  getrennt. Den Poststall  behielt  die Witwe Anna Schuester, der Postexpeditionsdienst hingegen wurde dem Posthalter Michael Werner, pensionierter Leutnant aus Roggenburg verliehen, dessen Jahreseinkünfte auf insgesamt 1374 M bemessen waren; das Einkommen der Poststallhalterin Schuester erhöhte sich auf jährlich 1200 M.

*Ein Cariolwagen (auch Kariolwagen) war ein leichtes, zweirädriges Fuhrwerk mit Kasten (für 2 bis 3 Passagiere), meist für Zubringerdienste an Bahnhöfen.


Am 1. Mai 1889 trat Andreas Regus den Expeditions- und Telegraphendienst zu Burgau an; das Jahreseinkommen addierte sich aus 1362 M Aversum und 228 M für Miete und Regie. Regus schied schon am 22. Januar 1893 durch Tod aus. Im August 1892 lebte auch Anna Schuester nicht mehr. Ihr Schwager und Vormund der drei minderjährigen Schuestersöhne, der Guts- und Mühlenbesitzer auf der Riedmühle, Georg Vogler, schloß vorübergehend für sich und seine Mündel einen Vertrag über die Verleihung des Poststalldienstes. Vogler veräußerte aber schon bald das der Familie Schuester gehörige Postanwesen (heute Hotel „Zur Post“) an den Kaufmann Ulrich Frey und bat im Frühjahr 1893 um seine Dienstenthebung.

Mit Wirkung vom 16. April 1893 wurde der Gastwirt Ulrich Frey (geb. 1861 in Burgau), dessen Besitzung auf einen Wert von 60 000 M geschätzt war, Poststallhalter. Er verpflichtete sich zur Durchführung von täglich viermaligen Fahrten zwischen Burgau Bahnhof und Stadt, ferner zur Haltung von zwei diensttauglichen Pferden mit den nötigen Requisiten und einer viersitzigen Chaise. Das Entgelt hierfür belief sich auf jährlich 1320 M und stieg 1903 um 500 M. Mit dem allmählichen Rückgang der Rentabilität der Bahnhoffahrten erachtete Frey den  Poststall mehr und mehr für eine seinem Hotelbetrieb dienende Einrichtung.

Der Inspektionsbericht über das Postamt Burgau – Stadt beanstandete die in erster Linie vorgenommene Verwendung des Postomnibusses als Hotelomnibus für die Verbindung Bahnhof und zurück zum Hotel „Zur Post“. Die umfangreichen Gepäckstücke wurden privat behandelt und infolge der zuweilen mißlichen Handhabung der Fahrschein-Einlösung kam es zwischen dem einheimischen und dem fremden Publikum wiederholt zu ärgerlichem Wortwechsel. Im Bericht wurde empfohlen, den Omnibusverkehr zwischen Burgau I (Stadt) und Burgau II (Bahnhof) ganz aufzuheben.

In einem Antrag an das Oberpostamt Augsburg vom Jahre 1903 beziffert Frey die Unkosten des Burgauer Poststalles wie folgt:

Jahreslohn des Postillions in bar
300 M
für Kost, Montur, Wohnung, Krankengeld         
25 M
Hafer und Heu für das Postpferd jährlich       
540 M
für den Hufbeschlag                     
30 M
für Sattlerarbeiten                     
15 M
für Risiko und Abnutzung               
100 M
1010 M   
Kaufpreis für ein Pferd               
600 M

Ulrich Frey starb am 3. August 1906.
Bis auf weiteres besorgte die Witwe Zäzilie Frey, (geb. am 6. November 1865 in Altenstadt/Iller) die Poststallgeschäfte zu den bisherigen Bedingungen.

                                    Irmgard Gruber-Egle
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                                    Postkarten: Jürgen Pommer, Burgau